Head Roman Oberli

In 10 Tagen durch die USA

Die Zürcherin Nicole Reist ist mehrfache Weltmeisterin, Europameisterin und Schweizermeisterin im Langdistanz-Radrennfahren. Im vergangenen Jahr gewann sie zum zweiten Mal das berüchtigte «Race Across America» – ein 5000 Kilometer langes Solo-Radrennen von der Westküste bis an die Ostküste der USA.

Interview Nando Schoch

Das «Race Across America» gilt als härtestes Radrennen der Welt. Haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum Sie sich das überhaupt antun?
Mit der ersten Teilnahme im Jahr 2016 habe ich mir einen Lebenstraum erfüllt. Im vergangenen Sommer galt meine Motivation der Bewältigung der Strecke in unter 10 Tagen. Meine Siegerzeit lag dann schliesslich bei 9 Tagen, 23 Stunden und 57 Minuten.

Wie kommt man dazu, Radrennen in einem Stück zu fahren, die länger sind als beispielsweise die gesamte «Tour de France»?
Vor vielen Jahren hat mich ein Arbeitskollege zum 24-Stunden-Rennen in Schötz eingeladen. Ich habe daran teilgenommen, ohne grosse Vorbereitung.

Was hat Sie dabei am meisten fasziniert?
Ich merkte schnell, dass mir der Ausdauersport sehr liegt. Im Jahr 2007 war ich dann zum ersten Mal an der Weltmeisterschaft im Ultraradfahren am Start. Später kamen dann die «Tortour», ein 1000-Kilometer-Rennen quer durch die Schweiz, und schliesslich das Race Across America dazu.

Unglaubliche Distanzen in kurzer Zeit, wenig Schlaf. Was ist die grösste Herausforderung bei den Rennen?
Wahrscheinlich die Finanzierung. Im Rennen selbst ist die Müdigkeit der grösste Gegner. Bei der Durchquerung Amerikas im vergangenen Jahr hatte ich in den gut neun Tagen lediglich neun Stunden geschlafen.

Auch die Erholungszeit gehört zum Rennen.
Genau. Im Unterschied zu anderen Radrennen läuft bei den Ultra-Cycling-Wettbewerben die Zeit nonstop. Wer sich schneller erholt, hat bessere Chancen, das Rennen zu gewinnen.

Obwohl Sie in Ihrer Disziplin als Einzelsportlerin antreten, werden Sie an den Rennen stets von einem Team begleitet. Wie setzt sich dieses zusammen?
Bei grossen Rennen wie dem Race Across America besteht das Team aus elf Personen. Drei Personen sind zuständig für das Wohnmobil, zwei Personen sind in einem Medienfahrzeug dabei, sechs Personen wechseln sich im Pace-Car, meinem persönlichen Begleitfahrzeug ab. Sie beobachten während der gesamten Renndauer meinen persönlichen Zustand, sagen mir zum Beispiel, wann ich mich erholen oder verpflegen soll.

Wie verpflegen Sie sich auf dem Rad?
Zum grössten Teil ernähre ich mich von Kartoffelstock oder Reisflocken-Brei.

Sie gehören zu den besten Radfahrerinnen der Welt in Ihrer Disziplin. Trotzdem arbeiten Sie zu hundert Prozent. Wie ist es möglich, Sport und Beruf unter einen Hut zu bringen?
Das geht nur, weil ich den Tag minutiös plane: Trainieren, Arbeiten und Schlafen.

Wie sieht ihr Tagesablauf aus?
Unter der Woche beginnt mein Tag um 1.45 Uhr in der Früh mit einem zwei- bis dreistündigen Training. Um 5 Uhr beginne ich meine Arbeit im Büro. Ab 16 Uhr heisst es dann wieder Training für 1,5 Stunden. Danach bleibt noch Zeit für Essen und zwischen 19 und 20 Uhr gehe ich schlafen.

Das klingt als Aussenstehender sehr strapaziös. Wären Sie gerne Profi?
Ich bin froh, dass ich vom Sport nicht leben muss. Profi sein heisst auch immer abhängig sein vom sportlichen Erfolg.

Ihr Motto lautet: «Erfolg entsteht ausserhalb der Komfortzone». Haben Sie einen Tipp, wie ich dieses Ziel im Alltag umsetzen kann?
Wenn du dir selber ein Ziel setzt, wenn du etwas wirklich willst, dann kannst du dieses erreichen. Es kann helfen, sich nicht grosse Ziele, sondern jeden Tag ein kleines Ziel zu setzen.

Was macht für Sie die Faszination Radfahren aus?
Ich bin immer wieder überrascht, was ein Mensch fähig ist zu leisten, wenn der Kopf und der Körper gut zusammenarbeiten.

Nicole Reist

Nicole Reist ist 34 Jahre alt und gehört zu den weltbesten Ultra-Radrennfahrerinnen der Welt. Die mehrfache Weltmeisterin lässt an den Rennen über 1000 Kilometer regelmässig die besten Männer hinter sich. Trotz des umfangreichen Trainingspensums arbeitet sie Vollzeit als Hochbautechnikerin in einem Architekturbüro. In der trainingsfreien Zeit berichtet Nicole Reist in Vorträgen von ihren Erfahrungen auf dem Rad.

Eine Geschichte aus dem Verkehrshaus Magazin

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